Wednesday 1 September 2010

Summer in the City

English translation follows the German text.

Gestern war der letzte Tag des meteorologischen Sommers. Die Gründe dafür sind, so wurde es mindenstens gestern im TV erklärt, dass es die Statistiken leichter zu bearbeiten macht, wenn das Ende einer Jahreszeit mit dem Ende eines Monats zusammenfällt. Mag sein.
Es wirft aber die Frage auf, oder besser gesagt die Tatsache, dass wir im Alltag sehr ungenau mit Begriffen umgehen. Wenn man im Alltag den Begriff "meteorologischer Sommer" benutzt, kommt man bei seinen Ansprechpartnern etwas komisch rüber, es sei denn, dass man sehr spezifisch etwas über eine Niederschlag-Erhöhung im Vergleich zum Vorjahr sagen möchte.
Aber was meinen wir denn, wenn wir im Alltag einfach "Sommer" sagen?
Ein Kind, das im Schulalter ist, kann gut die Sommerferien meinen: "Was planst du diesen Sommer?" heißt genauer gesagt, "was planst du in der Zeit nach dem Ende des Sommersemesters und vor dem Anfang des drauffolgenden Wintersemesters.
Ein Fußballfan meint häufig die Zeit zwischen dem Ende einer Saison und dem Anfang der nächsten. Diese Sommerpause wird oft mit dem Wort "Sommer" gleichgesetzt. Dieses betrifft allerdings nur Fußballfans, die in Ländern leben, wo die Saison ca. August - Mai, da diese "Sommerpause" im Ungefähr mit dem meteorologischen Sommer zusammenfällt. Dieser Zusammanfall hilft auch dem obengenannten Gebrauch des Kindes im Schulalter.
Oder geht es darum?
Mit welchem Sommer muss eine andere Definition vom Sommer zusammenfallen, um als "Sommer" bezeichnet werden zu dürfen?
Ein anderer häufig verwendeter "Sommer" ist die Zeit zwischen dem 21. Juni und dem 21. September. Also zwischen der Sommersonnenwende und dem Herbstäquinoktium.
Dieser Sommer lässt sich als astronomisch bezeichnen, denn er hängt von der Sonne und dem Mond, den Planeten usw. ab. Wir sagen aber selten, "wir hatten einen heißen astronomischen Sommer letztes Jahr," auch wenn wir diesen Zeitraum meinen. Wir lassen es lieber bei "Sommer".
Und warum nicht?
Schauen wir mal das Beispiel von Cliff Richard an. Er hatte ein Lied, das "Summer Holiday" (Sommerurlaub) hieß. Weil er bei dem impräzisen Begriff "Sommer" blieb, konnte er mehr Leute erreichen. Hätte er sich ausschließlich auf die Sommerferien oder den astronomischen bzw. meteorologischen Sommer beschränkt, hätten sich Leute, die Urlaub vom 16. bis zum 23. Juni bzw. vom 30. August bis zum 7. September machten, nicht mit seinem Text identifizieren können und sie hätten sein Lied höchstwahrscheinlich nicht gekauft. Er wollte offensichtlich niemanden ausgrenzen, denn er beschreibt an einer anderen Stelle in dem Lied die Länge des Urlaubs als "eine Woche oder zwei", statt die genaue Tageszahl zu bestimmen.
In anderen Fällen kann man leichter Recht haben. Wenn man irgendwie behaupten möchte, der Sommer sei heiß gewesen, hat man eine vertretbare Position, wenn man auf keinen bestimmten Sommer von vornherein festsetzt, weil man behaupten kann, einen anderen Sommer gemeint zu haben, wenn jemand versucht, einen zu widersprechen. Diese Art von Argumentation mit unschlüssigen, vagen Begriffen, ist weder wissentschaftlich akzeptabel noch sonst zu loben, doch der Mensch in der Kneipe interessiert sich selten für gute Wissenschaft, er will den Eindruck erwecken, mit seinen Äußerungen, Recht gehabt zu haben.
Leider (für ihn) ist seine Taktik jetzt mit der Veröffentlichung dieses Blogposts gesprengt worden. Mal sehen, ob die Argumentationsweise des Durchschnittskneipenbesuchers sich entsprechend ändert - oder ob er dickköpfig beim Alten bleibt. Ich gehe nach der Veröffentlich auf Recherche und poste in einem Monat Veränderungen, wenn ich welche entdecke.
Bis gleich also.
PS: Posts zu anderen Themen werden in diesem Recherchenmonat weiterhin erscheinen. Macht euch keine Sorgen.
Bis dann.
Euer Herr Bench


Yesterday was the final day of the meteorological summer. The reasons for this, as it was explained yesterday on TV anyway, are that it makes the statistics easier to handle when the end of a season coincides with the end of a month. It's possible.
It does, however, raise the question, or rather the fact, that we use terminology very imprecisely in everyday speech. When somebody uses the term "meteorological summer" in an everyday context, then he comes across somewhat strangely with his conversation partners, unless he wants to say something very specific about an increase in precipitation compared with the previous year.
But what do we mean then, when we just say "summer" in an everyday context?
A child of school-going age may well mean the school summer holidays: "What are you planning this summer?" means more accurately "what are you planning in the time after the end of the summer term and before the start of the coming winter term.
A football fan often means the time between the end of the football season and the start of the next one. This summer interruption is often used interchangeablz with the word "summer". This does of course only affect football fans who live in countries where the season runs approx. from August to May, because this "summer interruption" does approximately coincide with the meteorological summer. This coincidence also helps the aforementioned usage of the child of school-going age.
Or is that what it's all about?
With which summer does another definition of summer have to coincide, in order to be able to be described as "summer"?
Another frequently used "summer" is the time between the 21st of June and the 21st of September. That is: between the summer solstice and the autumnal equinox.
This summer can be described as astronomical, because it depends on the sun and the moon, the planets etc.. In spite of this, we rarely say, "we has a hot astronomical summer last year," even if we mean this time period. We prefer to leave it with "summer".
And why not?
Let us look at Cliff Richard's example. He had a song called "Summer Holiday". Because he stuck with the imprecise term "summer", he was able to speak to more people. If he had restricted himself exclusively to the school summer holidays on the astronomical or meteorological summer, then people who go on holiday from the 16th to 23th of June or from the 30th August to the 7th of September would not have been able to identify with his text and would have, in all probability not bought his record. He was clearly aiming to be inclusive by, elsewhere in the song, describing the length of the holiday as "a week or two", rather than putting a specific number of days on it.
In other instances it is easier to be right. If you for some reason want to claim that the summer has been hot, you have an easier position to defend if you haven't committed to any particular summer from the outset, because you can claim to have meant some other summer if someone tries to contradict you. This type of argumentation with wobbly, vague terminology, is neither scientifically acceptable nor praiseworthy in any other way, but the man in the pub is rarely interested in good science, he just wants to create the impression that the things he has been saying were right.
Unfortunately (for him), his tactic has been blown open by the publishing of this blog post. We shall see whether the style of argumentation of the average pub patron will now change appropriately - or whether he will stubbornly stick to his ways. I shall, after publishing, go and do some research and in a month's time post any changes which I discover.
See you then then.
PS: Posts on other topics will continue to appear during this month of research. Don't worry.
See you then,
Your Herr Bench

3 comments:

  1. Constructivism

    English translation follows German text.

    Das hier beschriebene Phänomen zeigt, wie in unterschiedlichen sozialen Konstellationen Begriffe unterschiedliche Bedeutungen erhalten, die von den meisten Personen innerhalb der Situation geteilt werden. Werden sie nicht geteilt bzw. haben für einzelne Individuen sehr unterschiedliche Bedeutungen, werden diese Individuen von den anderen, die einem Wort eine ähnliche Bedeutung zuschreiben, oft doof angeguckt. Das geht teilweise soweit, dass Menschen von anderen das Attribut "behindert" zugeschrieben bekommen, obwohl möglicherweise keine eingeschränkte Geistesleistung vorliegt, sondern einfach ein unterschiedlicher soziokultureller Hintergrund, der andere Wortsetzungen mit sich bringt. Dies hat schonmal jemand erkannt, der den Namen George Herbert Mead trägt. Er nannte das den symbolischen Interaktionismus, ein Theoriestrang, der einer konstruktivistischen Perspektive folgt. Ich denke, das ist in einer realabsoluten Weltsicht (das ist jetzt ein Wort, das ich mal als Gegenteil von einer konstruktivistischen Weltsicht definiere, weil mir das in der "scientific community" verwendete wort, das für alle angehörigen dieser die gleiche bedeutung hat...etc...hier beisst sich die katze wieder in den schwanz)
    schwieriger zu erklären. Oder, Mike?

    Schönen Gruß,
    felix

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  2. Pierre LeStone's Translator3 September 2010 at 11:00

    The phenomenon described here shows how terms contain within then different meanings in different social situations. These meanings are shared by most of the people within the given situation. If they are not shared, or, if they have very different meanings for particular individuals, then these individuals will often be looked at strangely by the others, who all ascribe a similar meaning to the word. This can at times go so far, that people are labelled by others as "handicapped", although there is possibly no restricted mental capacity, but rahter nothing more than a different social-cultural background, which is accompanied by different word usages. Someone has already recognised this, someone who goes by the name of George Herbert Mead. He calls this symbolic interactionism, a line of theory which follows a constructivist perspective. I think that is, in a real-absolute world view (that is now a word which I shall use to define the opposite of a constructivist world view, because, for me, the word used in the "scientific community", which has the same meaning for all its members...etc... this is where the cat bites its own tail again) more difficult to explain. Or isn't it, Mike?
    All the best,
    Felix

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